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01.09.2008 14:55 Uhr
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Wie man in Dubai die Scharia austrickst

Erklärung
Die Scharia ist für jeden Muslim ein verbindliche Wegweiser, der den Menschen zu Gott, seiner Quelle, führen soll. Sie ist „die Gesamtheit der auf die Handlungen des Menschen bezüglichen Vorschriften Allahs“. „In der islamischen Kultur ist die Scharia das Gesetz, geltend für die Gesamtheit der religiösen, moralischen, sozialen und rechtlichen Normen, welche im Koran und der prophetischen Tradition beinhaltet sind.“ Soweit die übersetzten, grundsätzlichen Texte.
Aber auch für das Finanzwesen schreibt die Scharia einiges vor.

Scharia und die Finanzen
Die Rolle von Finanzsystemen in islamischen Ländern ist begründet vom Einfluss der Scharia als „rechtliche und moralische Handlungsrichtlinie“. Ihr sozial-ethisches Gedankengut, soll in die islamische Wirtschaftsethik einfließen, um soziale und ökonomische Gerechtigkeit und Solidarität zu garantieren. Geld ist im Sinne der Scharia nicht als Gewinnanlage zu sehen, sondern es soll ein Mittel zur Schaffung von Wohlstand für die Gesamtheit der muslimischen Gemeinschaft sein.

In einer islamischen Wirtschaft sollen zwar Handel und Unternehmertum gefördert werden, sollen jedoch nicht einzelnen Personen, sondern der gesamten Gesellschaft dienen. Ausdrücklich erlaubt sind Gewinne aus Handelsaktivitäten, sie dürfen jedoch nicht zu Spekulationszwecken dienen, sondern wieder in die Produktion einließen.

Wichtig: Risikobeteiligungen an Produkten, die der islamischen Moral widersprechen, dürfen nicht getätigt werden. Interessant ist auch folgender Auszug: „Sieht ein Muslim sich nicht in der Lage, seine finanziellen Ressourcen selbst konstruktiv auszugeben, so hat er die Pflicht, sie anderen in Form einer Beteilungsfinanzierung zur Verfügung zu stellen.

Das wichtigste Verbot
Zwingend vorgeschrieben in der Scharia - Sure 2,275 und 3,130 - ist das Verbot von Zinsen jeglicher Art, in jeder Höhe und in jeder Summe.
Das Zinsverbot soll verhindern, dass das Geld nur in die Kassen von einigen wenigen Menschen fließt. Im islamischen Recht gelten Zinsen als ausgesprochen unmoralisch.

Statt Zinsen Gewinnbeteiligung
Dubai ist auf dem arabischen Finanzmarkt das liberalste. Diese Tatsache nutzen alle arabischen Staaten, um ihre Finanzgeschäfte über Dubai abzuwickeln. Dies ist auch ein Grund, warum sich das Bankenangebot in Dubai fast explosionsartig erhöht hat.

Das beste Beispiel ist Saudi-Arabien, wo die die Scharia einen viel höheren Stellenwert hat und Gerichte auf allen Ebenen nach ihr urteilen. Ein Beispiel: Wird in Saudi-Arabien eine Frau vergewaltigt und wird sie zudem noch schwanger, dann wird sie wegen Unzucht hart bestraft, der Vergewaltiger jedoch bleibt unbehelligt. Solche Urteile gibt es in Dubai nicht mehr.

Doch zurück zu den Zinsen, die auch in Dubai verboten sind. Da bedient man sich eines einfachen Tricks, der vor zwei Jahren sehr erfolgreich gestartet wurde: der National Bonds. Ziel war es, der Bevölkerung die Möglichkeit einer Geldanlage zu ermöglichen, die Gewinne bringt, aber keine Zinsen.

Ein Widerspruch? Nicht für Mohammed Qasim al-Ali, CEO National Bonds. Er entwickelte eine Geldanlage, die in Dubai nicht den Prinzipien des Islam widerspricht. Bereits für 10 Dirham, etwa zwei Euro, können Einheimische, Gastarbeiter aber auch Ausländer Einheiten erwerben, mit denen unter anderem Infrastrukturprojekte finanziert werden.

Zwischenzeitlich gibt es 420.000 Bond-Halter die keine Zinsen erhalten, sondern eine Gewinnbeteiligung mit bis zu 20 Prozent. Damit hat man den Begriff Zinsen vermieden, obwohl es wahrlich keine großen Unterschiede sind, und der Scharia Rechnung getragen.

Das gibt es nur in Dubai
Dubai verstößt jeden Monat offiziell einmal gegen eine islamische Todsünde: Es wird ein Glücksspiel veranstaltet. Unter den Bond-Haltern werden jeden ersten Samstag im Monat über 26.000 Geldpreise verlost – im Wert von über 900.000 Euro. So hat jeder Bond-Halter die Möglichkeit, über Nacht zum Dirham-Millionär zu werden.

Wie nun die Verantwortlichen in Dubai dies mit ihrer Religion vereinbaren, ist noch nicht einmal diskutiert worden. Auch die religiösen Mandatsträger von Dubai haben sich nie geäußert. Und so findet nach wie vor jeden Monat die Todsünde Glücksspiel statt – aber eben nur in Dubai.

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