Auch die Börse von Dubai kann sich der internationalen Finanzkrise nicht entziehen. Und wegen der möglicherweise gefährdeten Liquidität einiger Investoren und Baugesellschaften wird in Dubai immer intensiver über ein mögliches Ende des Immobilienbooms geredet. Aus Immobilienkreise ist zu hören, dass als Reaktion auf die Krise bereits Panikverkäufen erfolgt seien. Der Wandel hat bereits begonnen Es ändert sich zur Zeit vieles in Dubai: Der ungebrochene Optimismus weicht immer mehr der Realität. Dubai beginnt sich von einer Insel der Glückseligen zu einem ganz normalen Land zu verändern. Das kommt vielen Arabern und Emiratis nicht ungelegen. Denn trotz oder gerade wegen des enormen Wachstums fürchten viele um die nationale Identität von Dubai, denn der Ausländeranteil von über 85 Prozent hat das Emirat auch in seinen Werten verändert. Zumindest gefühlt machen sich viele Einheimische Sorgen um ihre Identität. Schleichend, aber unaufhaltsam passt sich Dubai westlichen Normen an, die mit der eigenen Kultur, Tradition und Religion oft nicht vereinbar sind. So ist für viele Emiratis die momentane Krise mehr als ein Fingerzeig Allahs, um sich wieder auf sich selbst zu besinnen. Darüber wird seit einigen Wochen auch in den Moscheen gepredigt. Die religiösen Führer haben die Krise als ihre Chance erkannt und fordern immer offener die Abkehr vom jetzigen Zustand der „Verrohung der Sitten“. Solche Aussagen waren während des Booms nie zu hören, überdeckte der beginnende Wohlstand doch vieles. Aber zurück in die 1950er-Jahre, als es in Dubai noch kein einziges Betonhaus gab, das will auch niemand. Dubai ist auf der Suche nach einem goldenen Mittelweg. Reichtum durch Dumping-Löhne Das Öl war der Anfang der Veränderung. Nur dadurch war es möglich, dass heute in Dubai fast 70.000 US-Dollar-Millionäre leben. Sie sind zusammen mit der Herrscherfamilie die mächtigen im Lande. Für sie arbeiten Tausende von Asiaten, die, so haben neue Erhebungen ergeben, oft nicht einmal fünf US-Dollar am Tag verdienen, aber dafür bis zu 16 Stunden arbeiten müssen. Sie sind es, die Dubai zu dem gemacht haben, was es heute ist. Sie haben maßgeblich zum heutigen Wohlstand der Emiratis beigetragen. Aber dadurch, dass sie nur wenig Einfluss haben, sind sie ein gutes Mittel zum Zweck – und der Zweck hieß bisher: schneller, weiter, höher, reicher. Der Preis des Geldes Anders dagegen die Ausländer, die in Dubai investiert haben oder hier in gut bezahlten Jobs arbeiten. Sie waren es, die Dubai immer mehr von der eigenen Identität genommen haben. Aber sie haben Geld ins Land gebracht, und deshalb hat man sie mehr oder weniger gewähren lassen. Doch jetzt, wo die Immobilien- und Finanzblase zu platzen droht oder zumindest zurückgeht, reduziert sich auch ihr Einfluss. Mit der Folge, dass dem Gigantismus wieder die Rückbesinnung der Emiratis auf ihre alten Werte folgt. Und noch etwas spricht dafür, dass sich in Dubai einiges verändert: Es wird nicht mehr lange dauern, dann müssen alle in Dubai Steuern bezahlen. Das wird die Wirtschafts- und Finanzwelt im Emirat nochmals heftig durcheinander wirbeln. Hoffnung Tourismus Aber es gibt einen Strohhalm, an dem sich alle festhalten: der Tourismus. Darauf bauen alle. Und Dubai als Urlaubsland ist schon lange kein Geheimtipp mehr, es ist auch nicht mehr das Land, wo nur die Reichen Urlaub machen. Dubai hat es geschafft, eine touristische Infrastruktur zu etablieren, die einzigartig auf der Welt sein dürfte. Traumurlaub zu erschwinglichen Preisen – das ist Dubai heute schon. Doch in den Moscheen wird dies auch als Problem gesehen. Es ist unverkennbar, die Ignoranz von Urlaubern, zu akzeptieren, dass man sich in einem islamischen Land mit anderen Werten und Moralvorstellungen befindet. Vielen Einheimischen geht die Toleranz der Dubai-Behörden gegenüber Touristen zu weit, und so werden die Forderungen an den Herrscher von Dubai immer lauter, dass sich auch die Urlauber an die Einhaltung islamischer Werte halten müssen. Die Werte-Diskussion in Dubai ist durch die Krise wieder neu entbrannt. Die Rückbesinnung auf Tradition und eigene Kultur rückt immer mehr in den Mittelpunkt. Dubai wird sich wieder einmal verändern, wie schon so oft in seiner Geschichte. Aber das kann auch eine Chance sein, um als Urlaubsland noch attraktiver zu sein, wenn man den goldenen Mittelweg findet, wo sich Orient und Okzident respektvoll begegnen.